Aus Skandinavien kommen neue Möbel, deren Designer sich bei ihren Entwürfen an den Klassikern von Arne Jacobsen, Finn Juhl und Grete Jalk orientieren. Neben der traditionellen Formensprache Skandinaviens wird auch die hochwertige Möbelherstellung wiederbelebt.
Wir stellen einige der spannensten Designer aus dem hohen Norden vor.
Neue Nordlichter
Möbel-Designer interpretieren skandinavische Klassiker neu und besinnen sich auf deren handwerkliche und gestalterische Qualitäten
Hans J. Wegner, Arne Jacobsen, Grete Jalk oder Finn Juhl gehören zu den wichtigsten Vertretern der skandinavischen Schule – ihre Arbeiten gehören längst zum Kanon des klassischen Möbeldesigns. Im Zuge der wilden Postmoderne und der bis heute vorherrschenden minimalistischen Formensprache in der Architektur spielten sie jedoch lange Zeit kaum noch eine Rolle. Die Designer-Avantgarde beschäftigte sich mit neuen Materialien und der fortwährenden Reduzierung der Form. Nun finden sich aber auch wieder aktuelle Möbel am Markt, die aussehen, als stammen sie direkt aus den legendären Werkstätten im Umland von Kopenhagen oder Helsinki.
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Stuhl „Pelle“: Stil, Material und Verarbeitung erinnern an die Handschrift des dänischen Stardesigners Hans J. Wegner. (Quelle: Zeitraum)
Das Designerduo Steffen Kaz und Catharina Lorenz hat im Januar mit seinem Stuhl „Pelle“ einen solchen Entwurf auf der Möbelmesse Imm Cologne vorgestellt. Der deutsche Hersteller „Zeitraum“ vermarktet den Stuhl ausdrücklich als eine „Hommage an Skandinavien“. Nicht nur der Name Pelle – eine Figur aus Astrids Lindgrens „Ferien auf Saltkrokan“ – positioniert den Stuhl eindeutig in der Tradition der nordischen Stardesigner. Gestalterisch fühlt man sich zudem an die berühmten Stühle des Dänen Hans J. Wegner erinnert.
Wegner zählt ähnlich wie das amerikanische Designerpaar Charles und Ray Eames zu den Protagonisten im Möbeldesign, die immer wieder als Bezugspunkt auftauchen. „Es gibt einige Persönlichkeiten in der Designgeschichte, die haben einen Claim abgesteckt. Da kommt man auch als zeitgenössischer Gestalter nicht mehr dran vorbei“, sagt Steffen Kaz. Mit seinen Entwürfen habe der Däne Maßstäbe im Möbeldesign gesetzt, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben.
An Wegners Möbeln fasziniert die Sorgfalt bei der Auswahl der Materialien, die innovative Formgebung und die perfekte handwerkliche Ausführung. Der Pelle ist eine zeitgenössische Interpretation dieser höchsten Form moderner Möbelkunst: Die frei hängende Sitzfläche besteht aus äußerst robustem Kernleder, in die zur Ausformung eine Schale aus Aluminium eingearbeitet ist. Das tragende Gestell fertigt der Hersteller aus Buchenholz. Diese Konzentration auf die Verarbeitung hochwertiger Naturmaterialien ist typisch für den skandinavischen Möbelbau.

Stilvoll fläzen: Für einen Sessel hat das Modell „Rama“ ungewöhnlich filigrane Beine. (Quelle: OX Design)
Auch OX Design aus Kopenhagen sucht den Dialog mit traditionellen Vorbildern: Der Loungesessel „Rama“ ist das Flaggschiff der aktuellen Möbel-Kollektion des seit zehn Jahren existierenden Unternehmens. Die Sitzfläche des Rama ist wie die des Pelle aus Kernleder gefertigt. Die Holzbeine sind für einen Sessel ungewöhnlich filigran gearbeitet. Die abgerundeten Formen im Zusammenspiel mit den edlen Materialien geben dem Möbel eine warme und weiche Anmutung, wie man sie im aktuellen Design so sonst nicht sieht – der Rama ist ähnlich wie der Pelle wie ein Klassiker gestaltet.
„Wir finden, dänisches Design ist eine gute Marke, und die nutzen wir auch kommerziell“, sagt OX-Design-Inhaber Jakob Hanghøj. Mit der wieder verstärkten Orientierung an Tradition, Handwerk sowie der Verarbeitung hochwertiger Naturmaterialien reagieren ambitionierte Hersteller und Designer auf den Zustand der Möbelindustrie. Viele Produkte sind nur noch kurzlebigen Moden geschuldet, im Internet toben zermürbende Preisschlachten. Die Antwort auf diese Entwicklung lautet: Rückbesinnung auf Qualität. Für den Käufer bedeutet das manchmal höhere Preise, er darf sich aber auch über deutlich nachhaltigere Produkte freuen. „Ein Händler meinte zu mir: Den Rama kann ich auch noch in fünfzig Jahren verkaufen“, sagt Jakob Hanghøj.
Die Verbindung von Tradition und Gegenwart treibt auch den ebenfalls aus Kopenhagen stammenden Hersteller Gubi an. Das Unternehmen stellt Möbel, Leuchten und Accessoires her, die ab 1930 entworfen wurden. Daneben produziert das Unternehmen Arbeiten zeitgenössischer Designer. Zu den Gestaltern der älteren Generation gehört der 2008 verstorbene Jens Quistgaard, der in Dänemark durch seine Tischware sehr populär ist. Und endlich wagt es ein Unternehmen auch, einer weiblichen Architektin – Greta Magnusson Grossman – den Klassikerstatus zuzusprechen. Zu den zeitgenössischen Gubi-Designern gehören das italienisch-dänische Designerpaar Gam/Fratesi und Henning Larsen Architects. Diese junge Generation will nicht mit aller Macht Neuland betreten, sondern sucht ganz bewusst den Dialog mit den großen Meistern der nordischen Moderne.
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Text: Peter Steinhauer/Raufeld
Foto 01: Gubi A/S, Foto 02: Zeitraum, Foto 03:OX Design)